11.-13.09.2021 Biskaya-Querung

Wir starten wirklich. Wir werden die Biskaya überqueren! Die Biskaya ist berühmt & berüchtigt für ihre Schwierigkeit. Das war der Grund, weshalb wir bis hierhin recht zügig vorankommen wollten, denn der September ist der letzte Monat im Jahr, in die Wahrscheinlichkeit für eine halbwegs erträgliche Überfahrt noch annehmbar ist. Selbstredend sind wir alle aufgeregt. Zumal die dreitägige Fahrt die längste Etappe bisher und auch die erste mit über 1000m Wassertiefe ist. Die Biskaya ist teilweise über 4500m tief. Na dann, los geht’s!

Als erstes mussten wir aus der Bucht von Brest wieder rauskommen. Das gestaltete sich schwieriger als gedacht, da in der Meerenge hohe kurze Wellen auf uns warten. Diese haben sich aufgetürmt, weil der Wind in die Bucht hineinweht, wir aber mit ablaufendem Wasser ausliefen. Ein klassischer Fall von Wind gegen Strom und Nala stampft sich durch. Da der Wind von vorn kam, ging es nur mit Motorunterstützung. Auch die Wendemanöver waren super anstrengend, da das Boot nicht quer zu den Wellen gesteuert werden durfte. Aber nach einer halben Stunde war der Spuk vorbei und es wurde ruhiger. Wir hatten zwar nicht das schönste Wetter, aber plötzlich kaum noch Wind. Das war kein Wunder – wir hatten die Bucht verlassen und damit war die Düse weg. Vor uns fuhren schon ein paar andere Segler hinaus, die sich nun in zwei Gruppen teilten. Die waghalsige, die dicht unter Land eine Meerenge passierten und die „Weicheier“ die lieber einen weiten Bogen in Kauf nahmen, um außen um die Untiefen zu fahren. Wir gehörten zu letzteren. Was hat man davon? Natürlich Kreuzsee…  Aber es hatte auch etwas Gutes. Wir haben mindestens sechs Mal am ersten Tag der Biskaya-Querung Delfine gesehen. Diese begrüßten uns immer nacheinander, war die eine Delfinschule weg, kam schon die nächste. Eine Delfinschule war ganz besonders. Hier hatten wir zum ersten Mal einen kurzen Blick auf einen Baby-Delfin. Der war sooo süß! Er durfte mit Elternteil ein kleines Stück in unserer Bugwelle mitsurfen, aber schon als wir uns bewegten, um die Kamera draufzuhalten, zog das Elterntier die Reißleine und verschwand mit dem Kleinen.

Einer von vielen Delfinen. Aber in einer coolen Aufnahme…

Ansonsten gewöhnten wir uns an die Welle und genossen die weite Sicht auf den Atlantik. Es ist das erste Mal, dass wir auf dem offenen Atlantik segeln! Die Aufregung legt sich langsam mit dem Gedanken, dass wir nun Frankreich verlassen und in drei Tagen in Spanien ankommen werden. Es ist schon verrückt…

Herrlich kitschig.

In der Nacht wurde das Wetter besser, wir hatten zwar wenig Wind, aber wenigstens etwas Mitströmung. Der Motor läuft noch mit. Schließlich wollen wir ja irgendwann ankommen. Dann wurde nachts plötzlich keine Tiefe mehr angezeigt auf unserem Tiefenmesser. Er funktioniert, daran liegt es nicht. Aber wir haben nun eine Tiefe von mehr als 200 Metern unter uns, weiter kann der Tiefenmesser nicht messen. Es ist ein etwas unheimliches Gefühl. Man stellt sich schon so einige Fragen wie zum Beispiel: Was lebt alles unter uns? Und dann Bewegung neben dem Boot. Mal wieder eine Delfinschule, aber dieses Mal nachts. Man konnte durch unsere Beleuchtung sogar den Blas der Delfine unter der Wasseroberfläche sehen. Die sahen aus wie Blubber-Leuchtstreifen.

Morgens um 7 Uhr ging endlich der Motor aus. Wir hatten nun genug Wind, allerdings mit etwas Gegenstrom. Ela und Theo waren gerade nach ihrer Morgenwache zu Bett gegangen, Alfred und Christoph hatten nun Dienst, als direkt neben dem Boot ein riesiger schwarzer Schatten auftauchte – ein Wal! Völlig geräuschlos und elegant wirkte die Bewegung. Das Atemloch und der obere Teil des Rückens erschienen langsam in einer Vorwärtsbewegung und tauchten ebenso seicht wieder ab. Er schien äußerst entspannt und sanft zu sein. Vom äußeren Erscheinungsbild vermuten wir, dass es ein Finnwal war.

Zum Mittag frischte der Wind deutlich auf (teils über 20 Knoten). Wir mussten sogar unsere Segel reffen. Mehr Wind bedeutete auch höhere Wellen und in diesem Fall wieder Kreuzsee. Die Kreuzsee entstand hier, weil die Dünung (die lange Welle aus West vom offenen Atlantik) und die Windsee (Wellen, verursacht vom aktuellen Wind, der kam aus Ost) aus unterschiedlichen Richtungen kommen. Wahrscheinlich war es nicht die schlauste Idee von uns, bei sich kreuzender Welle loszufahren. Aber wir lernen immer weiter dazu.

Essen kochen (hier: Wasser) auf einem Einrumpfboot in hohen Wellen.

Zum Umdrehen ist es jedenfalls zu spät, wir halten durch, zumal der Sonnenuntergang mal wieder magisch war. Und irgendwie beruhigte uns der Gedanke, dass wir morgen wieder Land sehen werden. Und dann geschah es wieder. Ein zweiter Wal war in der Nähe, den Christoph beobachten konnte. Leider war auch dieser wieder zu schnell verschwunden, um ihn zu fotografieren oder gar zu filmen.

Die Nacht war ruhig, auch wenn ab 5 Uhr morgens ein Gewitter, bedrohlich blitzend, am Horizont auf der Steuerbordseite uns begleitete. Es war über mehrere Stunden zu sehen, hielt aber respektvoll Abstand. Nachts ist das ein schönes Schauspiel.

Am Morgen schauten wir einen Film auf dem Tablet und genossen noch die Ruhe. Wobei die Aufregung doch so langsam zunahm. Und mittags war plötzlich wieder Land in Sicht! Theo hatte es als erster entdeckt. Es ist noch super weit weg und daher dauert es auch noch, bis wir ankommen werden. Aber das Gefühl, wieder Land zu sehen, ist doch überwältigend.

Land in Sicht! (iberische Halbinsel)

Der Wind schläft nachmittags ein und wir müssen den Motor starten. Und dann wieder Delfine, sie sind super hoch und super weit gesprungen. Es war eine schöne Ablenkung. Wir waren noch etwa 30sm vom Ziel entfernt, bisher wirklich gut durchgekommen, aber nun war die See spiegelglatt, kein Wind, keine Welle, nur ein klein wenig Dünung war übrig, die das Schiff ruhig anhob und wieder senkte. Wir versuchten uns mit Karten spielen zu entspannen, machten Videos und Fotos und genossen die Sonne. Die Situation war schon etwas skurril. Nach mehreren hundert Seemeilen waren wir nun kurz vor dem Ziel, um uns in einer Szene vorzufinden, die in ihrem Aussehen mit dem Wasser, dem Himmel und den Wolken eher an die Truman-Show erinnerte.

Kein Lüftchen weit und breit

Viele Segler gehen von Brest in Frankreich direkt nach A Coruña in Spanien. Wir hatten uns jedoch für das beschauliche Sada entschieden. Wir wussten, dass wir noch ein paar Bestellungen aufgeben und Pakete liefern lassen wollten und daher länger im Hafen bleiben würden. Deshalb entschieden wir uns für einen kleinen familiären Hafen. Abends erreichten wir endlich die Bucht von Sada. Wir wurden mit Regen und Gewitter begrüßt. Aber das war nicht schlimm. Dazu waren wir viel zu aufgeregt.

Spanien begrüßt uns mit einem kräftigen Gewitterguss

Und als wir am Hafen von Sada ankamen, war das Gewitter schon vorbei. Aber wo im Hafen sollten wir hin? Es war bereits dunkel. Wir hatten nach einigen Kreisen schon einen Steg im Auge, als wir einen laut rufenden und winkenden Mann wahrnahmen. Er lotse uns zu einem anderen Steg und half dabei, die Leinen festzumachen. Er war richtig nett – glauben wir, denn er sprach kein Wort Englisch oder gar deutsch… Aber seine Hilfsbereitschaft war wirklich überwältigend.

Nach einer kleinen Hafenrundfahrt haben wir unseren Liegeplatz in Sada eingenommen.

Leider haben wir unser Boot beim Anlegemanöver um eine Schramme ergänzt. Der Fingersteg war nicht durch ein Gummi gesichert und wir schrammten durch die vorherrschende Strömung einfach gegen. Aber darum kümmern wir uns später. Wir sind endlich da. Unsere „Angststrecke“ ist geschafft! Wir sind in Spanien angekommen.

Nach dem Anlegen gab es einen wohl verdienten Anlegeschluck und erstmal Abendessen und dann einen ruhigen tiefen Schlaf!

Nach drei Tagen Überfahrt haben wir uns den Anlegeschluck verdient.

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