Zusammen mit der SY eMMa machen wir uns am 29.09.2021 auf den Weg. Aber nicht zum nächsten Hafen. Das Wetter ist warm und sonnig, es wird Zeit zum Ankern. Es ist nur ein Tagestörn und abends kommen wir in der Bucht von Corme an. Es ist herrlich „nur“ den Anker zu schmeißen und man ist da. Der Ankerplatz ist geschützt und wir genießen den Sonnenuntergang. Dennoch können wir kaum tief schlafen. Alles ist ungewohnt: das milde Wiegen der Wellen, das Geräusch des Ankers und die Welle am Rumpf von vorbeifahrenden Booten. Bei jedem kleinsten Geräusch oder geringsten Bewegung ist man hellwach und schaut, ob alles okay ist. Wir haben natürlich auch einen Ankerarlarm auf dem Tablett installiert, aber so richtig vertrauen wir dem Ankern noch nicht. Obwohl ich sagen muss, dass ankern viel einfacher und kostensparender ist. Wir brauchen nicht nachfragen, ob ein Platz im Hafen frei ist, keine Fender vorbereiten, keine Leinen zum Land ziehen und natürlich auch nichts dafür bezahlen, dass wir dort sind. Ganz zu schweigen, von der Freiheit, die das Ankern mit sich bringt. Aber wir müssen uns trotzdem erst daran gewöhnen.
Den Tag darauf genießen wir mit einem Landgang. Eine der ersten Fahrten mit unserem Dinghy, die uns gleich einen Running-Gag bescheren sollte, den wir bis heute behalten haben. Wir wollten zu viert mit dem Dinghy zum Strand fahren, dort anlanden und die Gegend erkunden.
Als wir uns dem Strand nähern, bemerken wir die leichte(!) Brandung. Christoph gerät etwas in Panik, da er fürchtet, dass das Dinghy kentern könnte, wenn wir querschlagen und weißt Theo, den Steuermann, etwas zu deutlich (mehrfach rufend) mit den Worten „NICHT QUER!“ darauf hin. Von den kleinen Wellchen völlig unbeeindruckt rutscht das Dinghy quer zur Welle schließlich auf den Strand…
Der Strand ist sehr schön, etwas malerisch, mit einem kleinen Flüsschen, das aus einer Schlucht kommt und von Felsen umrahmt. Nach dem obligatorische Staudamm-bauen kehren Theo und Alfred an Bord zurück, während Ela und Christoph noch ein wenig durch den Ort flanieren. Ein schöner Tag.
Aufgrund der Tide beschließen wir nicht die ganze Nacht vor Anker zu bleiben, sondern bereits gegen 22 Uhr Anker auf zu gehen. Wie es zum ersten Ankermanöver gehört, stoßen wir beim Manöver auf eine kleine Schwierigkeit. Zusammen mit dem Anker holen wir ein Kabel nach oben, welches ordentlich unter Spannung steht. Die Tatsache mit der Spannung fällt Christoph eben in dem Augenblick auf, als er mit dem Bootshaken das Kabel vom Anker nimmt, es in der Tiefe verschwinden will und droht, den Bootshaken mit nach unten zu ziehen. Im letzten Augenblick gelingt es, den Bootshaken vom Kabel zu befreien und Anker, Schiff und Bootshaken sind frei.
Es ist nicht unsere erste Nachtfahrt und eigentlich sind sie recht entspannt, da wenig auf dem Wasser los ist. Aber diese Nachtfahrt war spannend. Fischerboote, und zwar recht viele. Entlang der spanischen Atlantikküste waren gefühlt mehr Lichter auf dem Wasser zu sehen als Sterne am Himmel. Das AIS zeigte ständig irgendwelche Kollisionskurse an. Der Wachhabende musste sich 3 Stunden konzentrieren, um dann todmüde ins Bett zu fallen. Letztendlich war es zwar anstrengend, aber auch faszinierend. Und bei Sonnenaufgang war der Spuk vorbei und kaum noch ein Fischerboot in der Nähe.
In Muros angekommen, gehen wir in den Hafen. Es ist ein kräftiger Wind mit Gewittern angesagt für die nächsten Tage. Aber uns kommt es zugute – endlich wieder ruhig schlafen. Nach einem Tag Erholung wandern wir, Christoph und Manuela, mit Markus von der SY eMMa zur offenen Atlantikseite hinüber. Bei Nieselregen geht’s durch das Städtchen Muros und durch das nächste Städtchen San Francisco über den waldigen Berg, vorbei an einem mittelalterlichen Geisterdorf zur Atlantikküste. Die Wanderung zum Atlantik dauerte 3 Stunden. Aber wir waren warm angezogen und guter Laune. Der Niesel wandelte sich langsam in Nebel und auch dieser löste sich langsam auf. Der Atlantik-Strand war super. Die Wellen peitschten gegen Felsen und wir mussten aufpassen, dass wir keine nassen Füße bekamen.
Leider haben wir auch die vielen angeschwemmten Fischernetzte, Reusen und Leinen gesehen. Der Müll war schockierend. Daher an dieser Stelle einen Apell an alle: Achtet auf die Umwelt! Nachdem wir uns umgesehen haben und die Gewalt des Wassers beobachten konnten und natürlich nach einer kleinen Trink- und Kekspause, machten wir uns so langsam wieder auf den Rückweg. Damit es nicht langweilig wird, diesmal ein anderer Weg. Er ist waldiger und hat mehr Höhenmeter, aber dafür war er auch etwas kürzer. Zwischen San Francisco und Muros haben wir Delphine in der Bucht beobachten können. Sie sind hoch aus dem Wasser gesprungen und hatten ihren Spaß mit den hohen Wellen. Eine kleine Verschnaufpause gab es dann noch in Muros, bevor wir zum Hafen zurückkehrten. An den nächsten Tagen machten wir entweder Sightseeing-Touren oder suchten uns Indoor-Beschäftigungen, je nach Wetter.
Auch suchten wir einen Kinderarzt, um Alfred die zweite Corona-Impfung zu ermöglichen. Die Organisation in Spanien ist aber eine andere als in Deutschland. Hier in Spanien gibt es ausschließlich zentralisierte Impfzentren. Und das nächste Impfzentrum ist in Santiago de Compostela. Und ja: dort waren wir schon, aber wie kommen wir dort jetzt wieder hin? Muros ist recht abgeschieden und es fahren keine öffentlichen Verkehrsmittel direkt nach Santiago de Compostela und somit verschieben wir die Impfung.
Am 05.10.2021 hat der Wind und die Welle nachgelassen und wir verlassen den Hafen. Zusammen mit der SY eMMa und der SY Ariba ankern wir noch eine Nacht in der Bucht, bevor es am nächsten Morgen weitergehen soll. Wir verabreden, dass wir so gegen 9 Uhr starten. Kurz nach 9 Uhr sind wir segelklar und die SY eMMa hat uns signalisiert, dass sie auch gleich so weit sind – nur noch 10 Minuten. Aber wir kennen es alle: es kommt anders, als man denkt. Ein kleines Schlauchboot der Guardia Civil (In Deutschland vergleichbar mit der Wasserschutzpolizei) kommt um die Ecke und macht bei der SY eMMa fest. Eine kurze Frage per Whats App: „Was ist los?“ schafft Klarheit: Nette Jungs, die nur eine Routinekontrolle durchführen. Also warten wir noch. Nach einer halben Stunde sieht es so aus, als ob die Kontrolle bei der SY eMMa fertig ist und wir loskönnen. Aber nein. Die Jungs kommen auch zu uns. Nach einer weiteren halben Stunde Routinekontrolle hatten wir uns bereits darauf eingestellt, dass die Guardia Civil auch gleich noch die SY Ariba kontrollieren wird. Aber die SY Ariba hat den Anker gehoben, kurz bevor die Guardia Civil bei uns mit der Kontrolle durch war und ist schnell verschwunden, um nicht noch länger zu warten. Und so beeilten wir uns, dass wir schnell hinterher segeln.
Das nächste Ziel ist eine Bucht weiter – Villagarcia de Arousa. Der Segeltörn ist recht kurz und wir überlegen noch zusammen mit unseren zwei Begleitern per Funk, ob wir zwischen den Felsen durchgehen oder doch lieber außen rum. Da beobachten wir, wie die SY Tuttut einfach zwischen den Felsen durchgeht und verschwindet. Also steht schnell fest, wenn die das machen, können wir es auch – der Spalt ist breit und tief genug. Nur die Welle und die Strömung könnten Schwierigkeiten machen. Aber es passt und die SY eMMa und die SY Ariba folgen uns.
Nach der Engstelle beginnt die Ria de Arousa, d.h. die Welle ist weg aber der Wind noch ein kurzes Stück da. Wir setzen die Segel und mit nur 15 Knoten Halbwind gleiten wir mit 7,5 Knoten über das ruhige Wasser, herrlich. Doch nach 30 Minuten ist schluss. Nun sind wir in der Windabdeckung und müssen mit Motorkraft die letzten Meilen bis zur Ankerstelle fahren. Während die SY Tuttut in den Hafen von Villagarcia de Arousa geht und die SY eMMa und die SY Ariba vor dem Strand von Boiro ankern, haben wir uns ein Plätzchen neben dem Hafen von Villagarcia de Arousa gesucht. Wir haben nämlich herausbekommen, dass von hier ein Zug nach Santiago de Compostela geht, um Alfred impfen zu lassen. Also fahren Christoph und Alfred am nächsten Tag mit dem Zug nach Santiago de Compostela, um das Impfzentrum zu suchen. Sie waren erfolgreich und Alfred wurde geimpft. Ela hatte Waschtag und Theo lernte fleißig.
Am nächsten Tag verlegten wir in die Bucht von Cabo Cruz und an den Strand von Boiro. Wir freuten uns, unsere Freunde dort wieder zu treffen und Zeit mit ihnen zu verbringen. Die geschützten Rias im Norden Spaniens werden aber auch zur Muschelzucht genutzt und so schlängeln wir uns durch eine Muschelfarm zum Ankerplatz. Der Ankerplatz war schön. Wir konnten einen Schwarm kleine Rochen beobachten, waren mit Markus schnorcheln und beobachteten Delphine beim Jagen. Der Sonnenaufgang über der Bucht war wunderschön. Und so langsam gewöhnten wir uns auch an das Ankern. Als wir dann beschlossen, weiterzuziehen, gingen wir noch zum Abschluss im Restaurant essen. Es war lecker, aber auch sehr viel, so dass wir die Hälfte des Essens noch mitgenommen haben. Die Überraschung wartete am Strand, als wir mit dem Dinghy zurück zum Boot wollten. Angelandet bei Hochwasser hatten wir unsere Schlauchboote nur ein kleines Stück den Strand heraufgezogen. Nun war Ebbe. Durch das flache Wasser im Strandbereich, war die Wasserlinie nun mehrere Hundert Meter gewichen. Es half nichts, barfuß mussten wir ein Dinghy nach dem anderen durch das steinige, schlammige, teilweise mit Muscheln besetzte Watt im Dunkeln bis zum Wasser tragen. Einige Schnittwunden später hatten wir es geschafft und konnten zu den Booten zurückfahren.
Nach einer ruhigen Nacht wurden am 10.10.2021 wieder die Segel gesetzt mit Kurs nächste Bucht. Nach einem kurzen Segeltörn suchen wir uns als Ankerplatz Sanxenxo aus. Wir ankern zusammen mit der SY eMMa hinter einem Felsvorsprung direkt vor dem Strand. Das Wasser ist klar und lädt zum Baden ein. Natürlich waren wir jeden Tag baden, schnorcheln und Theo war sogar mit Markus tauchen.
Wir fangen an, unsere Reise zu genießen! Aber wir merken auch, dass wir weiter nach Süden müssen, es wird nämlich kälter. Für eine Nacht gehen wir in den Hafen, um zu duschen, das Deck zu schrubben, Wasser zu tanken, Strom aufzuladen und uns nach einem neuen Bautenzug umzusehen. Der Bautenzug ist uns beim „Einparken“ in der Hafenbox weggeknickt. Zum Glück geschah das beim letzten Gas geben vor dem Festmachen, aber danach funktionierte nichts mehr. Egal, wir liegen im Hafen und gehen am nächsten Tag auf Ersatzteilsuche. Schnell stellen wir fest, dass es hier keinen neuen Bautenzug gibt und reparieren notdürftig unseren alten. Das bedeutet für uns – nur noch ganz vorsichtig und langsam Gas geben! Abends folgten wir dann der SY eMMa und der SY Ariba, die bereits vorausgefahrn sind, in die Ria de Aldan. Der Wind sollte am nächsten Tag drehen und etwas kräftiger werden.
In der Ria de Aldan versteckten wir uns in der hintersten Ecke vor dem Wind und ankerten vor einem kleinen einsamen Strand. Bei der Anfahrt bei Sonnenuntergang wurden wir bereits von der SY eMMa gewarnt, dass ein großer Felsen knapp unter der Wasseroberfläche ist und wir dort nicht zu dicht ranfahren sollten. In den nächsten Tagen begutachteten wir diesen riesigen Felsen mit dem SUP und dem Dinghy, wir verabredeten uns mit den anderen zu einem gemeinsamen Spieleabend und beschlossen, zur Atlantikküste jenseits der Bucht zu wandern. Dort bekamen wir einen schönen Überblick von oben auf den riesigen Atlantik.
Aber das tollste Ereignis kam unverhofft an einem späten Nachmittag. Zwei Gruppen Delphine kamen in die Bucht und Alfred stand gerade auf den SUP. Er beobachtete sie mit Respekt und Abstand, war aber doch hautnah dabei. Teilweise schwammen sie direkt neben ihm entlang. Dieses Schauspiel ging mehrere Stunden und Alfred konnte sogar Delphin-Kinder beobachten. Ein großartiges Erlebnis.
Aber auch die schönste Zeit geht irgendwann vorbei und wir machen uns wieder auf den Weg Richtung Süden.
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